Die Urheimat der Zwetschke liegt zwar im vorderen Orient, doch wird sie in Mitteleuropa bereits so lange kultiviert, dass sie durchaus als „heimisch“ bezeichnet werden darf. Ihre Beliebtheit zeigt sich einerseits darin, dass Zwetschkenbäume aus dem traditionellen Hausgarten kaum wegzudenken sind, und andererseits in den vielen Möglichkeiten, wie man die köstlichen Früchte genießen kann. Die erste und beste Gelegenheit dazu bietet sich ja bereits, wenn man die Zwetschken noch in ihrem dunklen Blau und überzogen mit einem leichten weißen Film durch die grünen Blätter schimmern sieht. Direkt vom Baum gepflückt und vernascht – so frisch und einfach gut schmecken sie nirgendwo sonst! Da zergeht der Geschmack des Sommers, der sich nun seinem Ende zuneigt, förmlich auf der Zunge.
Zwetschkenernte – gewusst wie
Die Natur hat es so eingerichtet, dass die Zwetschken eines Baumes schrittweise reifen. Dabei gilt: Je mehr Sonne die Früchte bekommen, desto früher sind sie „fertig“. Die ersten Zwetschken werden daher meist auf der dem Süden zugewandten Baumseite reif; und außerdem reift das Obst am Rand der Krone schneller als jenes im Inneren des Baumes. so lassen sich die Früchte nach und nach ohne Zeitdruck ernten. Optimal dafür ist der Vormittag: Erstens sind die Früchte kann schon trocken vom Tau der Nacht, und zweitens kommt man den Wespen zuvor, die an den reifen Zwetschken ebenfalls große Freude haben. Wie aber weiß man, ob die Zwetschken schon reif sind? Eine einfache Probe gibt Sicherheit: Auf Fingerdruck sollten die Früchte leicht nachgeben. Das kräftige Gelb des Fruchtfleisches ist ein weiterer Hinweis, dass die zeit fürs Pflücken gekommen ist.
Gesund und gut
Fachleute nennen den weißen, wachsartigen Belag auf den Zwetschken Duftfilm; er schützt die Früchte vor Austrocknung und sollte erst unmittelbar vor dem Verzehr bzw. der Verarbeitung abgewaschen oder abgewischt werden. Dabei kommt dann die tatsächliche Farbe der Zwetschkenhaut zum Vorschein. Das Blauviolett stammt von den sekundären Pflanzenstoffen aus der Gruppe der Flavonoide, die darin enthalten sind. Sie wirken nicht nur als Farbstoffe, sondern üben auch einen positiven Einfluss auf das menschliche Immunsystem aus: Sie stärken die Abwehrkräfte und beugen Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor. Damit nicht genug, enthalten Zwetschken auch viele Spurenelemente wie Kalium, Kalzium, Magnesium, Eisen und Zink. Bereits fünf Früchte decken die Hälfte des empfohlenen Tagesbedarfs an Zink. Es gibt zwar Obstsorten, die einen höheren Vitamingehalt aufweisen als Zwetschken, aber ganz zu verachten ist die Gesundheits-Bilanz nicht: Das Provitamin A schützt die Haut, und Vitamin C unterstützt das Immunsystem. Vor allem aber die Gruppe der B-Vitamine sind ein Kraftpaket für die Seele, denn sie beruhigen die Nerven und machen uns weniger anfällig für Stress.
Dörrzwetschken
Das alles gibt es nicht nur zur Reifezeit der Zwetschken, denn sie eignen sich auch hervorragend zum Dörren, wobei sie den Großteil der Vitamine und Nährstoffe behalten. Durch ihren relativ hohen Zuckergehalt können sie auf diese Weise auch als gesundes Süßungsmittel in Backwaren, Müslis und anderen Süßspeisen eingesetzt werden. Dörrzwetschken sind es auch, die als Hausmittel bei Darmträgheit und Verstopfung schon lang bekannt sind. Angeblich schätzten schon die Römer die verdauungsfördernde Wirkung der Früchte, die auf die Pflanzenfasern Zellulose und Pektin zurückzuführen ist. Diese Stoffe kann der Mensch nicht verdauen, sie quellen auf und regen den Darm damit zur „Arbeit“ an. Aber Achtung: Wer zu viele Zwetschken auf einmal nimmt, sieht sich manchmal mit dem Gegenteil von Verstopfung konfrontiert … „Die Dosis macht’s …“, sagte schon Paracelsus.
(Tief-)Gekühlt haltbar
Frische Zwetschken halten sich im Kühlschrank etwa eine Woche lang; am besten eingeschlagen in Papier. Bei der Lagerung ist zu beachten, dass die blauen Früchte Ethylen absondern, was den Reifeprozess anderer Obstsorten beschleunigen kann. Wer die Ernte aus dem eigenen Garten nicht direkt vom Baum aufessen oder verarbeiten möchte, kann sie auch einfrieren. Am besten eignen sich dazu frische, feste Früchte, denn weiche Zwetschken werden nach dem Wieder-Auftauen matschig. Empfehlenswert ist es, die Früchte zu teilen, den Stiel und die Kerne zu entfernen und die halbierten Zwetschken auf einem Backblech vorzufrieren, bevor man sie – möglichst unter Ausschluss von Luft – abgepackt tieffriert. Auf diese Weise bleiben die Früchte nicht ganz bis zur nächstjährigen Erntezeit haltbar, doch immerhin etwa acht Monate.
Vielseitigkeit
Die Verwendungsmöglichkeiten von Zwetschken sind fast ebenso zahlreich wie das Sorten-Angebot. Neben dem Frischverzehr, dem Dörren und Tiefkühlen lassen sich aus dem Steinobst Kompotte, Marmeladen und Röster herstellen, und zwar sowohl in reiner Form als auch in Kombination mit anderem Obst wie Äpfel, Birnen, Hollerbeeren und vielem anderen mehr. Daneben gibt es Unmengen von Rezepten für Kuchen, Torten, Strudel und Knödel. Warum sich gerade die blauen Früchtchen so ideal für Backwaren aller Art eignen, hat einen guten Grund: Sie verlieren auch bei Ofenhitze nicht ihre Form, trocknen nicht aus und „zerfließen“ auch nicht. Und nicht zuletzt sind Dörrzwetschken das ganze Jahr lang wunderbare Begleiter für süße wie pikante Speisen.
Hände weg von künstlicher Reifung
In einigen Ländern der EU ist der Reifebeschleuniger Ethephon für Zwetschken (und anderes Obst und Gemüse) zugelassen. Der Wirkstoff dringt tief in die Frucht ein, wo er unter Freisetzung von Ethylen zerfällt und den Reifungsprozess der Früchte beschleunigt. Hohe Dosen können gesundheitsgefährdend sein, denn Ethephon kann bei Menschen Durchfall, starken Harndrang sowie Reizungen der Haut und Schleimhäute hervorrufen. Abwaschen hilft kaum, denn die Stoffe sind in der gesamten Frucht vorhanden. Wer das vermeiden will, greift zu heimischen Zwetschken, denn hier ist die Behandlung nicht erlaubt. Auch Bio-Zwetschken sind garantiert frei von Reifebeschleunigern – und natürlich die Ernte aus dem eigenen Garten.